Liebe Patientin,
die Behandlung Ihrer Brustkrebserkrankung ist nun abgeschlossen. Und jetzt?
Wie geht es weiter, wie sieht die weitere medizinische Betreuung aus?
Im Folgenden will ich Ihnen dazu aktuelle Informationen zur Verfügung stellen.
Nachsorge beinhaltet eine regelmäßige fachärztliche achtsame Begleitung und Unterstützung, um die Gesundheit zu erhalten bzw. eine Verschlechterung früh zu erkennen.
Wichtig: Die meisten Frauen erleiden keinen Rückfall und sterben nicht an ihrem Brustkrebs!
Zur Nachsorge gehören immer ein ausführliches Gespräch, eine körperliche Untersuchung und evtl. Zusatz-Untersuchungen (Ultraschall, Mammographie, Blutuntersuchungen). Es gibt für die Brustkrebsnachsorge kein starres Zeit-Schema. Empfohlen wird derzeit, in den ersten drei Jahren alle drei Monate zur Nachsorge zu kommen, danach werden die Abstände länger, bis dann fünf Jahre nach der Erkrankung nur eine jährliche Untersuchung ansteht.
(Die Begründung für diese Empfehlung finden Sie weiter unten).Wenn das für Sie zu viel oder zu wenig ist, sollten Sie das besprechen und individuell anders regeln.
Die Daten Ihres Krankheitsverlaufs werden - wenn Sie zustimmen - in einem Tumorregister und im DMP (Disease Management Programm) gesammelt, um sicherzustellen, dass Sie die aktuell beste Behandlung bekommen, und um immer wieder aus den Daten Erfahrungen zu sammeln und für die Zukunft zu lernen.
Die in der folgenden Tabelle aufgeführten Empfehlungen gelten für beschwerdefreie Frauen.
WAS wird gemacht? | 1.-3. Jahr | 4.-5. Jahr | Ab 6. Jahr |
---|---|---|---|
Ärztliches Gespräch und körperliche Untersuchung (Brust und Oberkörper) | alle 3 Monate | alle 6 Monate | alle 12 Monate |
Zusätzl. Untersuchung von Gebärmutter + Eierstöcken (incl. Ultraschall) | unter Hormontherapie alle 6 Monate, sonst einmal im Jahr | unter Hormontherapie alle 6 Monate, sonst einmal im Jahr | alle 12 Monate |
Mammographie (evtl. mit Ultraschall) der erkrankten Brust | alle 6 Monate | alle 12 Monate | alle 12 Monate |
Mammographie der gesunden Brust | alle 12 Monate | alle 12 Monate | alle 12 Monate |
Blutuntersuchungen: (Blutbild, Leberwerte, Tumormarker, Blutsenkung) | Nicht routinemäßig | Nicht routinemäßig | Nicht routinemäßig |
Zusätzliche Untersuchungen (Röntgen der Lunge/der Wirbelsäule, Skelettszinti-graphie,Ultraschall der Leber) | Nur bei Beschwerden zur weiteren Abklärung | Nur bei Beschwerden zur Abklärung | Nur bei Beschwerden zur Abklärung |
Aber wenn Sie
- Beschwerden haben und unsicher sind, ob diese mit Ihrer Erkrankung in Verbindung stehen
- bei der Selbstuntersuchung etwas Auffälliges entdecken (vor allem im Operationsgebiet)
warten Sie nicht bis zum nächsten Nachsorgetermin, sondern melden Sie sich vorher.
Viele Frauen sind nach Abschluss der Behandlung verunsichert und haben die Vorstellung, sie müssten jetzt regelmäßig ganz genau "durchgecheckt" werden. Sie hoffen, dass so immer wieder bestätigt wird, dass alles in Ordnung ist - bzw. dass ein eventueller Rückfall besser behandelt werden kann, wenn er ganz früh entdeckt wird (z.B. im Blut oder durch Röntgen, bevor überhaupt neue Beschwerden auftauchen). Vielleicht fragen auch Sie sich, ob das relativ kleine Standard-Nachsorgeprogramm reicht, oder ob Sie etwas verpassen.
Um das zu klären, wurden mehrere große Studien mit vielen Brustkrebspatientinnen durchgeführt. Die Frauen wurden jeweils in zwei Gruppen eingeteilt. Die Frauen der Gruppe 1 wurden wie oben angeführt begleitet, d.h. sie wurden regelmäßig ärztlich beraten und körperlich untersucht, dazu kam einmal jährlich eine Mammographie. Mehr Unter-suchungen wurden nur gezielt gemacht, wenn die Frauen Beschwerden angaben. Bei den Frauen der Gruppe 2 wurde zusätzlich routinemäßig jedes halbe Jahr die Lunge geröntgt, ein Skelettszintigramm, Ultraschall der Leber und Blutkontrollen (Tumormarker) gemacht.
Die Ergebnisse waren erstaunlich:
Bei der Gesamtlebensdauer der Frauen beider Studien gab es keine Unterschiede!
D.h. in beiden Gruppen blieben die meisten gesund, einige bekamen einen Rückfall und wurden erneut behandelt, der Krebs wurde oft über viele viele Jahre aufgehalten, führte dann aber bei manchen doch zum Tod - und das gleich früh oder spät, unabhängig davon wie (früh) der Rückfall festgestellt wurde.
Die Unterschiede: Wenn Frauen in der Gruppe 1 einen Rückfall hatten, profitierten sie von der späteren Entdeckung von Metastasen, denn sie hatten eine längere "rückfallfreie" Zeit. Anders gesagt: Wenn z.B. Knochenmetastasen erst entdeckt wurden, wenn sie Beschwerden machten, waren und fühlten sich die Frauen länger gesund! Die notwendige Behandlung setzte später ein, ohne dass sich die Therapieerfolge verschlechterten.
In der Gruppe 2 wurden Rückfälle tatsächlich zum Teil früher erkannt, z.B. über einen Anstieg der Tumormarker. Dann folgte oft eine lange Phase der angstvollen Suche, ob und wo Metastasen waren. Die dann früher einsetzende Behandlung hatte aber für die Betroffenen keinen Vorteil, sie lebten nicht länger als die Frauen, bei denen der Rückfall erst durch die Beschwerden aufgefallen war.
Eine Ausnahme ist der Rückfall in der Brust selbst: Wenn dieses sog. "Lokalrezidiv" früh entdeckt wird, kann eine schnelle Behandlung erneut zur kompletten Heilung führen.
Auf diesen und anderen Studien beruhen die oben angeführten Nachsorge-Empfehlungen, die die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Krebshilfe seit Jahren vertreten und die aktuell in einer Stufe-3-Leitlinie im Juni 2004 veröffentlicht wurden (zu finden unter www.inkanet.de).
FAZIT:
Die "programmierte" Nachsorge unter Verwendung aller zur Verfügung stehenden technischen Untersuchungen bringt Frauen nach Brustkrebs keinen Behandlungsvorteil und kann nach heutigen Erkenntnissen sogar eher schaden (Strahlenbelastung, Angst vor den Untersuchungen, sog. falsch- positive Ergebnisse, d.h. Auffälligkeiten mit Kontrollbedürftigkeit, die zunächst große Angst und Beunruhigung hervorrufen, obwohl letztlich alles in Ordnung ist).
Das persönliche ärztliche Gespräch ist durch keine apparative Untersuchung ersetzbar. Wenn Sie besonders in der ersten Zeit nach Abschluss der Behandlung einen hohen Informationsbedarf haben, sollten Sie Ihre Fragen notieren und Doppeltermine vereinbaren, damit genügend Zeit eingeplant werden kann.
Auf folgende Fragen, die oft gestellt werden, gibt es zum Teil klare allgemeingültige Antworten, anderes muss individuell geklärt werden
Gerade nach dem Abschluss der intensiven ersten Behandlungsphase (Operation/ Bestrahlung / Chemotherapie) erleben viele Frauen noch einmal große Ängste und Unsicherheiten, viele fallen seelisch in ein "Loch". Sie fühlen sich einer unberechenbaren Krankheit ausgeliefert und stehen unter großer Anspannung.
Es braucht Zeit, um wieder ins "normale Leben" und den Alltag zurückzukommen! Eventuell muss auch eine psychotherapeutische Behandlung überlegt werden, wenn die Erkrankung Sie in eine besonders tiefe Krise gestürzt hat.